RAL 1001, 2017
Hochschule für bildende Künste Hamburg
mixed-media installation
450 x 350 x 300 cm
acrylic | cotton | fluorescent tubes | plaster| polyethylene | wood | wool
RAL 1001, 2017
Hochschule für bildende Künste Hamburg
mixed-media installation
450 x 350 x 300 cm
acrylic | cotton | fluorescent tubes | plaster| polyethylene | wood | wool
• DE Der Raum ist die Skulptur. Zutritt erlangt, wer sich durch einen schmalen Gang drängt. Selbst schlanke Personen spüren da eine Enge, es ist wie eine klaustrophobe Schleuse, die zu einer neutralen Mitte führt. Die Skulptur bzw. das Environment hat Julia Malgut mit RAL1001 betitelt. Als Anspielung auf den RAL-Standard, jenes verbreitete System normierter Farbtöne, entspricht diese Kennung der wenig ausdrucksstarken Farbe Beige. Übrigens einer der wenigen Farbnamen, der in zahlreichen Sprachen, darunter Englisch, Holländisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und natürlich Deutsch, dasselbe bezeichnet – den nüchternen Farbton eben. Und obwohl in RAL1001 alles auf die Farbe, also vor allem visuellen Titelbezug abzustellen scheint, ist ein begrifflicher Aspekt für diese Arbeit keineswegs nebensächlich.
Malgut entfaltet den Formgedanken des Werks entlang einer sprachlichen Homonymie: Im süddeutschen und Schweizer Sprachraum bezeichnet Beige nicht nur die Farbe, sondern auch eine (anders ausgesprochene) „Beige“, was eine Anhäufung ähnlicher Dinge bedeutet, ein Stapel Holz oder ein Stoß Zeitungen etwa. Oder eben den Wust Betttücher, den die Künstlerin hier, auf den Sockel gehäuft, in den Mittelpunkt der Installation rückt. Was aussehen mag wie frisch aus der Waschtrommel gehoben und zu wildem Faltenwurf geballt, ist freilich von der Künstlerin gezielt drapiert – und wurde zuvor beige eingefärbt.
Wie praktisch alles im gedeckttonigen Raumensemble: vom passend ausgesuchten Teppichboden über die rundum reichende Verkleidung aus schmalen, durch Schattenfugen voneinander abgehobenen Paneele bis zur Decke – alles Beige! Und noch die Öffnung, die eine Schranktür suggeriert, führt einem ordentlich gefaltete, beige Laken vor. Einen koloristischen Kontrapunkt bilden bloß ein blaues Nadelkissen sowie ein Häufchen Textiletiketten mit blau genähtem Schriftzug, die neben dem aufgesockelten Faltenwurf wie zufällig zu liegen kommen – ein barocker, informeller Kern, der seiner minimalistisch normierten Umgebung spannungsvoll widerspricht.
Text by Jens Asthoff